Das Auge in der Kunst:

Von der Mythologie zur modernen Symbolik

Anhören

von Oculeum | Motiv Auge in der Kunst

Die Darstellung von Augen in der Kunst ist ein faszinierendes und tiefgründiges Thema, das seit Jahrhunderten Künstler inspiriert. Als „Fenster zur Seele“ spiegeln Augen menschliche Emotionen, Konflikte und Wahrnehmung wider. In der Antike symbolisierten sie göttliche und mystische Kräfte, wie das „Auge des Horus“ oder die zerstörerische Macht der Medusa. In der Renaissance nutzten Künstler wie Leonardo da Vinci die Augen, um die Seele sichtbar zu machen.

In der modernen und zeitgenössischen Kunst wurden Augen zunehmend als Spiegel der inneren Welt und Gesellschaft dargestellt. Künstler wie van Gogh, Munch und die Surrealisten Dalí, Magritte und Escher nutzten sie, um Wahrnehmung, Traum und Realität zu hinterfragen. Dalí bezeichnete das Auge als „Fenster zur Seele“, um psychologische und surrealistische Themen zu erforschen. Auch in den Porträts von Tamara de Lempicka und Frida Kahlo wird das Auge als Symbol für die Emanzipation und Bedeutung der Frauen in der Kunst genutzt. Insgesamt bleibt das Auge ein kraftvolles Motiv, das sowohl äußere Wahrnehmung als auch die tiefsten Schichten des menschlichen Inneren widerspiegelt.

Ihr OCULEUM-Team

 

Das Auge in der Kunst:

Von der Mythologie zur modernen Symbolik

Logo OCULEUM website lang

Wir Menschen sind vor allem ein sehendes Wesen, d. h. wir erschließen uns die Welt sehr ausgeprägt über das Auge als Wahrnehmungsorgan (zu Ungunsten z. B. des Geruchs- und Tastsinns). Durch den technologischen Fortschritt – insbesondere die Computerarbeit, aber auch den hohen Fernsehkonsum – wachsen die Anforderungen an das Sehsystem immer mehr. Das Merkwürdige dabei ist, dass das Auge als sehr verletzliches Organ oft nicht gehegt und gepflegt, sondern zu einem Apparat degradiert wird, der unablässig Leistungen erbringen muss. Dabei können viele Menschen nicht zulassen, dass das Auge auch einmal versagt. In der Regel fühlen sie sich nicht für die Qualität ihrer Sehkraft zuständig, delegieren dies an die Fachleute wie uns Augenärzte.

Anhören

von Oculeum | Augen: unser Spiegel zur Seele

Der Augenarzt WOLFGANG SCHULTZ-ZEHDEN, den man als Nestor der deutschen ophthalmologischen Psychosomatik bezeichnen kann, hat schon in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts – u. a. mit FRIEDERICKE BISCHOF – entsprechende Zusammenhänge und Behandlungsansätze veröffentlicht und 1992 in seinem Buch „Das Auge – Spiegel der Seele“ darauf verwiesen, dass der gesamte Mensch als „Augenwesen“ beim Sehen beteiligt ist, zugleich aber optische und psychische Qualität des Sehens sich häufig nicht decken. Übrigens weist schon der Bibelspruch „Das Auge gibt dem Körper Licht. Wenn Dein Auge gesund ist, dann wird Dein ganzer Körper hell sein“ (Mt 6, 22), darauf hin, dass der Mensch mit dem gesamten Körper sieht, wahrnimmt und empfindet. Jeder von uns schätzt das Auge auch als emotionales Ausdrucksorgan (im Zusammenspiel mit Mimik, Gestik und Sprache), kennt es zugleich als „Filter“ und Verdrängungsorgan; deshalb sieht jeder etwas anderes und schafft sich so seine individuelle Realität, wie zahlreiche Zeugnisse in Kunst und Mythologie es symbolisieren.

In früheren Ausführungen haben wir uns mit den physiologischen und pathologischen Einflüssen der Sichtweise von Künstlern auf ihre plastischen Werke beschäftigt. Heute möchten wir jedoch nicht die Augen des Künstlers, sondern die Augen seiner Modelle in den Mittelpunkt stellen – sei es die normale Augenpartie oder die, die durch Krankheit verändert ist.

Unsere Augen sprechen! Häufig ist ihre Sprache eloquent, voller Nuancen. Manchmal ist ihr Sprechen leise oder trügerisch, aber meistens ist es einfach, zu entschlüsseln, was sie uns mitteilen möchten. Shakespeare ließ Romeo sagen: „Sie schweigt, aber was macht das schon aus, wenn ihre Augen sprechen!“ Nach Lacarrère ist „das Auge wie ein Prisma, in dem unser inneres Licht sich aufspaltet, nach außen tritt und in einzigartige expressive Töne zerfällt“. Ortega y Gasset formulierte es so: „Unser Körper entblößt unsere Seele, kündigt sie an und schreit sie in die Welt hinaus. Unser Fleisch ist ein transparentes Medium, in dem die Intimität, die es bewohnt, ihre Reflektionen abgibt.“

Die Augen und der Mund sind die beiden Elemente, die am meisten zur Mimik des Gesichts beitragen. Doch wie M. Soria feststellte, ist die Ausdruckskraft der Augen viel vielfältiger und nuancenreicher als die des Mundes, und dieser Reichtum entsteht vor allem durch die enorme Beweglichkeit des Auges.

Spiegel der Seele: Augen in der Kunst

Geheimnisvoll, durchdringend, voller Emotionen – die Augen sind seit jeher ein Fenster zur Seele und ein faszinierendes Motiv in der Kunst. Sie spiegeln nicht nur Gefühle wider, sondern erzählen Geschichten, eröffnen neue Perspektiven und bringen die unsichtbare Tiefe menschlicher Erfahrung zum Ausdruck. Künstler aller Epochen haben diese besondere Kraft erkannt und die Augen als zentrales Element in ihren Werken verwendet.

Ralph Waldo Emerson, der berühmte amerikanische Schriftsteller, brachte es auf den Punkt: „Augen sprechen alle Sprachen.“ Diese universelle Ausdruckskraft machte sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil vieler Meisterwerke – von den religiösen Symbolen des Alten Ägyptens bis hin zu den surrealistischen Experimenten des 20. Jahrhunderts. Doch wie haben sich die Darstellung und Bedeutung der Augen in der Kunst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt?

Anhören

von Oculeum | Das Motiv Auge in der Kunst

Die göttlichen Augen der Antike

In der Antike galten Augen als Tore zu übernatürlichen Kräften. Das „Auge des Horus“ im Alten Ägypten etwa war ein Symbol für Schutz, Heilung und göttliche Macht. Diese tief verwurzelte Symbolik fand ihren Weg in Kunstwerke, die nicht nur ästhetisch beeindruckten, sondern auch spirituelle Bedeutungen transportierten.

Ebenso fesselnd ist die mythologische Darstellung der Medusa, deren Blick so mächtig war, dass er Menschen in Stein verwandelte. Künstler wie Caravaggio griffen diesen Mythos auf, um die destruktive Kraft und die gleichzeitige Anziehung eines solchen Blickes einzufangen. In Das Haupt der Medusa konzentriert sich Caravaggio ganz auf die eindringlichen Augen, die den Betrachter unweigerlich in ihren Bann ziehen – eine symbolische Darstellung von Faszination und Schrecken zugleich.

Caravaggio Medusa Uffizi High quality scaled e1735516100163

„Das Haupt der Medusa“  von Michelangelo Merisi da Caravaggio, um 1597

Vom starren Blick zum lebendigen Ausdruck

Im Mittelalter waren Augen meist starr und von religiöser Strenge geprägt. Die Darstellungen sollten den Betrachter an die Göttlichkeit erinnern und boten wenig Raum für individuelle Emotionalität. Erst in der Renaissance begannen Künstler, den Blick und Ausdruck der Augen gezielt zu nutzen, um Persönlichkeit und Gefühle sichtbar zu machen.

Leonardo da Vinci, ein Meister der Porträtkunst, erkannte die zentrale Rolle der Augen für die Darstellung von Emotionen. Seine berühmte Aussage aus dem Trattato della Pittura beschreibt die Augen als das Tor zur Seele: „Das Auge, durch das die Schönheit der Welt für den Betrachter reflektiert wird, ist von solcher Vortrefflichkeit, dass jeder, der dessen Verlust zustimmt, sich selbst der Darstellung aller Dinge der Natur beraubt.“ Besonders deutlich wird dies in der Mona Lisa. Ihr rätselhafter Blick bleibt bis heute ein Mysterium, das Wissenschaftler, Künstler und Kunstliebhaber gleichermaßen beschäftigt.

Augen als Spiegel der Gesellschaft

Mit der Moderne rückten Augen in den Fokus als Ausdruck gesellschaftlicher Zustände und individueller Psychologie. Vincent van Gogh, einer der einflussreichsten Künstler seiner Zeit, sagte einst: „Ich würde eher die Augen von Menschen als Kathedralen malen, da den Augen etwas innewohnt, das einer Kathedrale fehlt.“ Diese Worte spiegeln seinen Wunsch wider, die tiefe, oft schmerzvolle Menschlichkeit in seinen Werken darzustellen.

Auch Edvard Munch setzte in Auge in Auge auf die kommunikative Kraft der Augen. Das Gemälde zeigt einen Mann und eine Frau ohne Münder, deren Augen die gesamte Geschichte erzählen. Diese Reduktion auf den Blick unterstreicht die nonverbale Kraft der Kommunikation, die über Worte hinausgeht.

Selbstporträt mit verbundenem Ohr  (1889) von Vincent van Gogh

Auge in Auge  von Edvard Munch

Surrealismus und die Isolation der Augen

Im Surrealismus wurde das Auge oft vom Gesicht gelöst und in ungewohnten Kontexten dargestellt. René Magritte experimentierte mit dieser Isolation und verwandelte die Iris in einen Himmel oder platzierte ein riesiges Auge auf einem Teller. In diesen Werken wird das Auge zu einem eigenständigen Symbol, das die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen lässt.

Ein weiteres ikonisches Beispiel ist M.C. Eschers Auge, in dem ein Totenschädel in der Pupille reflektiert wird. Escher spielt hier mit der Idee, dass die Augen nicht nur sehen, sondern auch von existenziellen Wahrheiten durchdrungen sind – ein Nachdenken über Vergänglichkeit und das menschliche Dasein.

 

„Das Auge“  von Maurits Cornelius Escher, um 1946

Für Salvador Dalí waren Augen eine Obsession. Er verwendete sie als zentrales Motiv in seinen surrealistischen Werken, von Gemälden bis hin zu Schmuckstücken. In seinen Werken wird das Auge zum Werkzeug der Selbsterkenntnis, das Realität und Traum gleichermaßen erfassen kann.

Das Auge hatte für Salvador Dalí eine zentrale Bedeutung und durchzog sein künstlerisches Schaffen als wiederkehrendes Symbol. Es war weit mehr als ein anatomisches oder ästhetisches Motiv; vielmehr wurde es zu einem Medium, durch das er seine surrealistischen Ideen ausdrückte und seine psychologischen, philosophischen und spirituellen Themen erforschte. In seinen Gemälden, Skulpturen und sogar Schmuckstücken diente das Auge als ein Werkzeug der Selbsterkenntnis und als Verbindung zwischen Traum und Realität. Dalí selbst bezeichnete das Auge als „das Fenster zur Seele“, was die emotionale und intellektuelle Tiefe dieses Motivs in seinem Werk unterstreicht.

Für Salvador Dalí war das Auge weit mehr als ein anatomisches Detail – es wurde zum Symbol für Wahrnehmung, Psyche und spirituelle Dimensionen. Mit verzerrten, vergrößerten oder entfremdeten Augen hinterfragte er die Grenzen menschlicher Wahrnehmung und zeigte, wie diese sowohl Realität enthüllen als auch täuschen kann. Seine Werke verdeutlichen, dass Wahrnehmung subjektiv und oft von inneren Ängsten, Wünschen und Träumen geprägt ist.

Das Auge diente Dalí auch als Spiegel der Psyche, in dem der Betrachter tief verborgene Abgründe wie Ängste oder Obsessionen erkunden konnte. Inspiriert von Sigmund Freuds Psychoanalyse machte er es zum Tor ins Unbewusste – einer Welt der Träume und irrationalen Impulse, die er in surrealen Szenen mit schmelzenden oder deformierten Formen sichtbar machte.

In späteren Arbeiten erhielt das Auge eine spirituelle Bedeutung, symbolisierte göttliche Weisheit und Allgegenwart und erinnerte an das „allsehende Auge“ religiöser Traditionen. Zugleich wurde es bei Dalí zum Sinnbild von Überwachung und Dominanz – ein durchdringender Blick, der nichts verbirgt, aber alles offenbart.

Das Sehen selbst – sowohl im wörtlichen als auch im metaphorischen Sinne – war für Dalí ein essenzielles Thema. In seiner obsessiven Auseinandersetzung mit Detailtreue und optischen Täuschungen setzte er das Auge ein, um die Natur der Wahrnehmung zu erforschen. Dabei schuf er eine Balance zwischen dem Realen und dem Surrealen, indem er die Grenzen dessen, was das Auge wahrnehmen kann, immer wieder überschritt. Dalí verstand das Auge nicht nur als ein passives Organ, sondern als aktives Instrument der Interpretation, das Realität und Illusion gleichermaßen erschafft. 

Die Augen der Frauen in der Kunst

Mit der Emanzipation der Frauen in der Kunst bekamen Augen eine neue Dimension. Künstlerinnen wie Tamara de Lempicka verliehen ihren Protagonistinnen einen stolzen, selbstbewussten Blick, während Frida Kahlos eindringliche Augen oft von Schmerz und Stärke zugleich zeugen. Kahlos Selbstporträts machen die Augen zu zentralen Trägern ihrer komplexen inneren Welt.

Augen als poetisches Motiv

William Shakespeare beschreibt in seinem 24. Sonett die Augen als Künstler, die die Seele des Geliebten einfangen und festhalten:
„Mein Auge hat als Malerin dem Schrein / Des Herzens deinem Bild den Platz gegeben.“
Diese poetische Darstellung fasst die Magie der Augen zusammen: Sie sind nicht nur Spiegel der Seele, sondern auch Fenster, durch die wir die Welt und uns selbst betrachten.

Fazit: Die unerschöpfliche Faszination der Augen

Von den heiligen Symbolen der Antike bis hin zu den psychologischen Selbstbetrachtungen der Moderne – die Augen haben Künstler seit Jahrtausenden inspiriert. Sie erzählen Geschichten, offenbaren Emotionen und laden den Betrachter ein, sich selbst in ihnen zu erkennen. Als Spiegel der Seele bleiben sie ein zeitloses, fesselndes Motiv in der Kunst.

Die Augen der Frauen in der Kunst

Mit der Emanzipation der Frauen in der Kunst bekamen Augen eine neue Dimension. Künstlerinnen wie Tamara de Lempicka verliehen ihren Protagonistinnen einen stolzen, selbstbewussten Blick, während Frida Kahlos eindringliche Augen oft von Schmerz und Stärke zugleich zeugen. Kahlos Selbstporträts machen die Augen zu zentralen Trägern ihrer komplexen inneren Welt.

Augen als poetisches Motiv

William Shakespeare beschreibt in seinem 24. Sonett die Augen als Künstler, die die Seele des Geliebten einfangen und festhalten:
„Mein Auge hat als Malerin dem Schrein / Des Herzens deinem Bild den Platz gegeben.“
Diese poetische Darstellung fasst die Magie der Augen zusammen: Sie sind nicht nur Spiegel der Seele, sondern auch Fenster, durch die wir die Welt und uns selbst betrachten.

Fazit: Die unerschöpfliche Faszination der Augen

Von den heiligen Symbolen der Antike bis hin zu den psychologischen Selbstbetrachtungen der Moderne – die Augen haben Künstler seit Jahrtausenden inspiriert. Sie erzählen Geschichten, offenbaren Emotionen und laden den Betrachter ein, sich selbst in ihnen zu erkennen. Als Spiegel der Seele bleiben sie ein zeitloses, fesselndes Motiv in der Kunst.

 

Logo OCULEUM website lang